Swiss GAAP FER – Anforderungen für soziale Institutionen
Institutionen mit Leistungsverträgen im Kinder- und Jugendbereich (besondere Volksschule mit dem AKVB und/oder stationäre und ambulante Leistungen mit dem KJA), die Alters- und Pflegeheime sowie die Spitex Organisationen im Kanton Bern stehen aktuell vor der Herausforderung, ihre Jahresrechnung in Übereinstimmung mit den Swiss GAAP FER zu erstellen.
Für Nonprofit-Organisationen gilt insbesondere der Rechnungslegungsstandard FER 21, auf den im Folgenden speziell eingegangen wird.
Wichtigste Neuerungen:
- Verbuchungssystematik für erhaltene Zuwendungen (Spenden, Legate, Beiträge der öffentlichen Hand)
- Bilanzierung Fondskapital (Betriebs- und Infrastrukturfonds bzw. Rückstellungen)
- Geldflussrechnung
- Kapitalveränderungsrechnung
- Anhang zur Jahresrechnung
Verbuchungssystematik für erhaltene Zuwendungen
Mittel, die einem von Dritten bestimmten und betreffend Verwendung einem einschränkenden Zweck unterliegen, sind als zweckgebundene Fonds im Fondskapital auszuweisen. Gemäss FER 21 und Kontenplan Curaviva 2021 sind für diese Mittel separate Fondskonten zu führen und in der Jahresrechnung als eigene Gruppe zwischen Fremd- und Organisationskapital darzustellen.
Mittel ohne Verwendungsbeschränkung durch Dritte oder mit von der Organisation selbst auferlegten Verwendungszwecken sind im Organisationskapital auszuweisen. Freie Spenden sind, wenn sie nicht noch im gleichen Jahr verwendet werden, per Bilanzstichtag an das Organisationskapital (gebundenes Kapital bei Stiftungen und beschlussmässige Gewinnreserven bei Kapitalgesellschaften) zuzuweisen.
Ende Jahr ist als Bestandteil des Jahresabschlusses nach FER 21 eine Rechnung über die Veränderung des Kapitals (jeweils separat für das Fondskapital und das Organisations- bzw. Eigenkapital) zu erstellen. Je sorgfältiger unterjährig alle Transaktionen im Zusammenhang mit Spenden in der Buchhaltung erfasst werden, desto einfacher gestaltet sich die Erstellung der Kapitalveränderungsrechnung.
Empfehlung:
Unterjährig werden alle freien und zweckgebundenen Spendeneingänge sowie die entsprechenden Fondsveränderungen (Zuweisung, Entnahme und Verwendung) über die Separatrechnungen (Klasse 9 im Kontenrahmen Curaviva) gebucht. Zweckgebundene Spenden werden in der Kontengruppe 900 (Konten 9000-9090) und freie Spenden in der Kontengruppe 920 (Konten 9200-9290) erfasst. Nach der periodischen Verbuchung müssen die Gruppen 900 und 920 jeweils Saldo Null ausweisen. Per Bilanzstichtag 31.12. werden die zweckgebundenen und die freien Spendeneingänge summarisch als Ertrag in die Betriebsrechnung umgebucht. Die Separatrechnung zeigt per 31.12. nur noch die Verwendungen und die Zuweisungen/Entnahmen an und aus dem Fondskapital (zweckgebundene Spenden) sowie dem gebundenen Kapital (freie Spenden). Mit diesem Vorgehen weisen die Fondskonten auch unterjährig jeweils den korrekten Bestand aus und die Spendenverwendung ist jederzeit nachvollziehbar.
Bilanzierung Fondskapital
KINDER- UND JUGENDBEREICH (besondere Volksschule und/oder stationäre und ambulante Angebote)
Der ehemalige GSI/AIS Schwankungsfonds sowie Über- oder Unterdeckungen bei der Betriebskostenpauschale oder im Bereich Infrastruktur aus der laufenden Berichtsperiode sind neu im Fondskapital – als zusätzliche Bilanzposition zwischen dem Fremd- und Organisationskapital – der Institution auszuweisen. Der ehemalige GSI/AIS Schwankungsfonds ist bei Institutionen, welche sowohl einen Leistungsvertrag für eine besondere Volksschule mit dem AKVB (BKD) als auch einen Leistungsvertrag im stationären oder ambulanten Bereich mit dem KJA (DIJ) haben, nach dem bisherigen Auftragsvolumen zu splitten und den entsprechenden Betriebsreservefonds zuzuweisen.
Die im Berichtsjahr gemäss Kostenrechnung erzielten Über- oder Unterdeckungen im Bereich Betriebskosten und Infrastruktur sind folgendermassen zuzuordnen bzw. zu verbuchen:
AKVB (besondere Volksschule)
Verbuchung Überdeckungen bzw. Unterdeckungen auf das entsprechende Fondskonto: Konto 27XX für Fonds Betriebsreserve, Konto 27XX für Infrastrukturfonds Immobilien, Konto 27XX für Infrastrukturfonds Mobilien Schule.
KJA (stationäre und ambulante Leistungen)
Verbuchung Überdeckungen bzw. Unterdeckungen auf das entsprechende Fondskonto: Konto 27XX für Fonds Betriebsreserve, Konto 27XX für Infrastrukturfonds.
Für die Verbuchung der Betriebsreserve- und Infrastrukturfonds ist im Kontenrahmen Curaviva 2021 die Kontengruppe 930 (Konten 9300-9390) in der Separatrechnung vorgesehen.
ALTERS- UND PFLEGEHEIME
Die bisher im Fremdkapital ausgewiesenen Infrastrukturfonds bzw. -rückstellungen aus erzielten Überschüssen aus den Tarifeinnahmen für die Infrastruktur sind neu im Fondskapital auszuweisen.
Bisher wurden diese zweckgebundenen Mittel unter “Rückstellungen sowie vom Gesetz vorgesehene ähnliche Positionen” im langfristigen Fremdkapital der Organisationen abgebildet. Ab dem Berichtsjahr 2022 sind diese neu im Fondskapital (zusätzliche Bilanzposition zwischen Fremdkapital und Organisations- bzw. Eigenkapital der Organisation) auszuweisen.
Geldflussrechnung
Die Geldflussrechnung (GFR) zeigt die Veränderung der flüssigen Mittel der Organisation aufgrund von Ein- und Auszahlungen aus Betriebstätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit während einer Berichtsperiode.
Um eine GFR zu erstellen, sind nach der üblicherweise angewendeten indirekten Methode sowohl Daten aus der Erfolgsrechnung (Ergebnis +/- nicht-liquiditätswirksame Positionen wie z.B. Abschreibungen oder Rückstellungen) als auch die Veränderung von Bilanzpositionen aus der Vorjahresrechnung zur aktuellen Jahresrechnung (Positionen des Umlaufvermögen, Anlagevermögen und des Fremdkapitals) auf die Bereiche Betriebs-, Investitions-, und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen. Bei der selten anzutreffenden direkten Methode sind alle liquiditätswirksamen Zahlungseingänge und -ausgänge aus dem ERP-System der Organisation auszuwerten und in der GFR entsprechend darzustellen.
Kapitalveränderungsrechnung
Gemäss FER 21 ist die Jahresrechnung um die Rechnung über die Veränderung des Fondskapitals (zweckgebundene Fonds aus Spenden und Legaten, Betriebs- und Infrastrukturfonds, Schwankungsfonds) sowie des Organisations- oder Eigenkapitals (inklusive organisationsinterner Fonds) zu ergänzen.
Die Zweckbestimmung der Positionen des Fondskapitals und des gebundenen Organisationskapitals ist durch eine aussagekräftige Bezeichnung anzugeben sowie nötigenfalls im Anhang zu erläutern. Gleichartige Positionen können zusammengefasst werden, wobei die Grundsätze von Wesentlichkeit und Klarheit (gemäss Swiss GAAP FER Rahmenkonzept) zu berücksichtigen sind. Transfers zwischen zweckgebundenen Fonds sind einzeln auszuweisen und zu begründen.
Anhang zur Jahresrechnung
Gemäss FER 21 sind zusätzliche Angaben offenzulegen, insbesondere:
- die angewendeten Rechnungslegungsvorschriften (FER 21 sowie gesamtes Regelwerk oder Kern-FER)
- Erläuterungen zu den Positionen der Bilanz, Betriebsrechnung, GFR, Rechnung für die Veränderung des Kapitals sowie weitere gemäss den Fachempfehlungen verlangte Angaben
- Bei Finanzanlagen der Marktwert der Wertschriften
- Detailangaben zum administrativen Aufwand (inkl. Personalaufwand), Fundraising- und allg. Werbeaufwand und deren Berechnungsmethode
- Unentgeltlich erhaltene Zuwendungen in Form von Sachen, Dienstleistungen und Freiwilligenarbeit
- Gesamtbetrag der Vergütungen des obersten Leitungsorgans und der mit der Geschäftsführung betrauten Personen
- Offenlegung von Transaktionen und daraus resultierende Guthaben und/oder Verpflichtungen gegenüber nahestehenden, rechtlich selbstständigen Organisationen und Personen
Bei einem OR- und FER-konformen Einheitsabschluss sind gemäss OR zusätzlich geforderte Angaben (Anzahl Vollzeitstellen, Verbindlichkeiten gegenüber Vorsorgeeinrichtungen, Eventualverbindlichkeiten, Aktiven mit Eigentumsvorbehalt, etc.) ebenfalls offenzulegen.
Daneben ist auch ein Leistungsbericht zu erstellen, der mindestens Auskunft über den Zweck, die Ziele und die in der Berichtsperiode erbrachten Leistungen gibt sowie Angaben über die Mitglieder des obersten Leitungsorgans und der Geschäftsleitung, die Anzahl Vollzeitstellen und Verbindungen zu nahe stehenden Organisationen enthält. Nicht zwingend notwendig, aber empfehlenswert sind der Ausweis von aussagekräftigen Kennzahlen sowie Angaben über die Beurteilung der Zielerreichung. Auch eine kurze Beschreibung von Risiken und besonderen Herausforderungen im Berichtsjahr sowie zu allfälligen Massnahmen ergänzt den Leistungsbericht um weitere wertvolle Informationen.
Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen oder der konkreten Erarbeitung und Ausgestaltung Ihrer Jahresrechnung nach den neuen Rechnungslegungsvorschriften.
Ihre Ansprechpersonen
Bruno Battaglia Leiter Bereich NPO Partner, Geschäftsleitung batb@schoebe.ch 031 950 88 60 |
Alexandra Heugenhauser Betriebsökonomin FH Revisorin RAB heua@schoebe.ch 031 950 88 60 |