Ausbruch des Norovirus im Altersheim – wie ein offenes Feuer
Der konkrete Fall in einem Haus der Stiftung für Betagte in Münsingen aus dem Winter 2017/2018 zeigt, wie ein Norovirus-Ausbruch Leitung und Organisation eines Betriebs auf die Probe stellt.
Per se sind Noroviren eine harmlose Gruppe. Sie verursachen eine akute Magen-Darm-Grippe, die innert weniger Tage vorbeigeht. Begleitendes Fieber ist selten, die Erholungszeit kurz. Anders als eine allgemeine Grippe sind sie selbst für Bewohner einer Pflegeabteilung kaum lebensbedrohlich, zumindest solange der Flüssigkeitsverlust ausgeglichen werden kann.
Die besondere Eigenschaft von Noroviren liegt in deren Ansteckungsgefahr mit einer extrem kleinen benötigten Virusmenge. Es genügt bereits ein Kontakt mit Gegenständen, welche mit Viren verunreinigt sind. Eingeschleppt werden die Viren am häufigsten mit frischen oder tiefgefrorenen Beeren und Früchten. Anders als Gemüse werden diese nicht gekocht verwendet. Kochen vernichtet die Viren, aber wer mag schon gekochte Erd- oder Himbeeren? Der direkte Kontakt mit einer infizierten Person, z.B. bei der Pflege eines erkrankten Bewohners, ein Händedruck, oder auch eine kontaminierte Türfalle dürften dann die häufigsten Übertragungswege sein. Stellen wir uns den lebhaften Heimbetrieb mit Heimbewohnern und Mitarbeitenden, aber auch mit Besuchern, Angehörigen, Lieferanten etc. vor, so wird uns klar, dass ein solcher Ausbruch das Aufrechterhalten geordneter Betriebsabläufe umgehend in Frage stellt und zu vielfältigen zusätzlichen Massnahmen und Aufgaben führt.
Aus der Not entstanden Partnerschaften
Adrian Junker, Heimleiter der Stiftung für Betagte, sagt es aufgrund seiner Erfahrung so: „Es ist nicht die Frage ob, sondern wann dieser Virus eingeschleppt wird!“ Selbstverständlich reduziert eine gute Betriebshygiene und die laufende Händedesinfektion das Verbreitungsrisiko, aber irgendwann ist es wieder soweit: Beim ersten Bewohner erfolgt Erbrechen und Durchfall. Blitzartig muss die Notfallplanung greifen, das Betreuungsteam aufmerksam reagieren und einen Schnelltest vor Ort durchführen. Dann gilt es, durch bekannte Massnahmen (BAG und kantonsärztliche Dienste bieten nicht nur Vorschriften, sondern auch Checklisten), die Verbreitung einzudämmen. Denn die „Kindergartenmethode“ – alle stecken sich an und haben’s dann durch – ist angesichts des doch sehr unangenehmen Leidens als unseriös zu bezeichnen.
In vorliegenden Fall ist es gelungen, die Verbreitung auf die anderen Häuser zu vermeiden und keiner der Heimbewohner musste hospitalisiert werden. Auch wichtig: Eine Betriebsunterbrechung konnte vermieden werden. Diese stolze Leistung ist auf den Einsatz der noch gesunden Mitarbeitenden „bis auf’s Zahnfleisch“ und den 24-Stunden-Piketteinsatz des Krisenstabs während mehrerer Wochen zurückzuführen. Über Erwarten positiv verlief auch der Einsatz der örtlichen Zivilschutzorganisation, welche flexibel und zuverlässig ab dem sechsten Tag jeden Morgen immer wieder fünf Zivilschutzleistende zur Verfügung stellte und so wertvolle und finanziell günstige Unterstützung bot. Schön ist auch, dass aus der Not Partnerschaften geworden sind: Künftig finden periodisch Übungen des Zivilschutzes im nunmehr gut bekannten Heim statt und ein Höhepunkt liegt darin, dass die Stiftung für Betagte zwischenzeitlich einen „Zivilschützer“, als Fachangestellter Gesundheit anstellen konnte.
Trotz erfolgreichem Krisenmanagement ist Adrian Junker überzeugt, einiges daraus lernen zu können. Prozesse und tägliche Abläufe werden in einem neuen Licht hinterfragt, insbesondere in der Logistik sind Optimierungen prüfenswert. Auch die Notfallplanung wird Anpassungen erfahren, ähnlicher einem Brandfall. Eine Norovirus-Schulung tut nicht nur dem Zivilschutz gut. Das Wichtigste sind aber die Mitarbeitenden: Auf der einen Seite führte der Vorfall zu einer verstärkten Zusammenarbeit der Teams, auf der anderen Seite steckte der hohe Einsatzwillen gegenseitig an. Unbezahlbar sind alle Beteiligten, die unter solchen Umständen Lust und Freude an der Arbeit behalten.
Ein böses Erwachen brachten die ausserordentliche Mehrkosten von in diesem Fall gegen CHF 300’000. Zum Glück bestand über den CURAVIVA-Rahmenvertrag Versicherungsschutz für Epidemien. So konnten die meisten Mehrkosten abgewälzt werden. Der Versicherungsträger verfügt über eine Fachstelle für Epidemieversicherungen, welche professionelle Bedarfsabklärungen und individuelle Versicherungslösungen bietet. Im Schadenfall arbeiten Mitarbeitende eines spezialisierten Teams zudem eng mit der Fachstelle zusammen. Entsprechend konnte dieser Schadenfall professionell und zur Zufriedenheit des Kunden gelöst werden. Adrian Junker weist richtigerweise jedoch auf den grossen administrativen Aufwand hin: Über jeden Mehreinkauf von Handschuhen und Abfallsäcken, jeden externen Waschauftrag, jeden Einsatz eines Mitarbeiterersatzes etc. war Buch zu führen.
Versicherungsschutz für Epidemien
Für die Brokerdienstleistungen als CURAVIVA-Versicherungsdienst sind die Erkenntnisse aus diesem grossen Fall ebenfalls sehr wertvoll: Bisher wurde primär auf die Partnerwahl, beste Bedingungen (Norovirus ist z.B. explizit eingeschlossen) und günstige Prämien (nach Kosten/Nutzen), die laufende Pflege des Rahmenvertrages und die individuelle Beratung fokussiert. Nun hat man den Bedarf nach verstärkter Begleitung der Kunden im Schadenfall erkannt (z.B. Überprüfung der Schadenpositionen, vereinfachende Darstellungen) wie auch Diskussionsbedarf mit dem Versicherer betreffend Deckungsausbau oder der Einführung zusätzlicher Optionen.
Funk empfiehlt Unternehmen, das Epidemierisiko zu prüfen. Es betrifft längst nicht nur Heime, Spitäler, Hotels, Schulen oder die Lebensmittelbranche, sondern kann überall dort in Erscheinung treten, wo sich viele Leute auf begrenztem Raum befinden.
Ihr Ansprechpartner
Funk Insurance Brokers AG
Claudio Grass
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