• Heimkompetenz

Änderung der Staatsbeitragsverordnung

Die Offenlegung von Vergütungen an das Führungsorgan und die Geschäftsleitung bei sozialen Institutionen aufgrund des Wegfalls der Ausnahmeregel der Staatsbeitragsverordnung wirft Fragen auf. Der vorliegende Beitrag greift die Anforderungen und Fragen auf.

Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (GEF) hat unter dem Titel «Information zur Änderungen [sic] der Staatsbeitragsverordnung (StBV)» [i] mit Schreiben vom 29. November 2018 an alle Institutionen mit Leistungsvertrag oder einer Betriebsbewilligung des ALBA im Behindertenbereich, Alters- und Pflegeheime und Spitexorganisationen gefordert, dass ab 1. Januar 2019 unter anderem die Vergütungen an das Führungsorgan, die Geschäftsleitung und allenfalls Beiräte offengelegt werden müssen.

Die vielen Anfragen an unser Kompetenzzentrum haben gezeigt, dass offenbar grosse Unsicherheit in der Anwendung der geforderten Massnahmen besteht. Da die Änderungen bereits ab 1. Januar 2019 gelten, wurde das Traktandum anlässlich der zahlreichen Führungsorgan Sitzungen aufgenommen bzw. sollte noch vor Ende Jahr behandelt werden. Tatsächlich lässt das von der GEF erstellte Schreiben Spielraum für Interpretationen, weshalb wir nachfolgend einige Grundlagen und Vorgehensweisen genauer betrachten.

Grundsätzlich waren bis anhin soziale Institutionen im Alters- und Behindertenbereich von der Erstellung eines Vergütungsberichts befreit gemäss Art. 3a Abs. 2. lit. c der Staatsbeitragsverordnung vom 23. März 1994 [ii]. Der Konflikt an der Führungsspitze von Spitex Bern Anfang Jahr (die Medien berichteten) betreffend die Vergütungen an den Verwaltungsrat und die Aufdeckung von Doppelmandaten hat zur Einreichung von zwei Motionen im Grossen Rat und grundsätzlich zu mehr Transparenz bei den Vergütungen in von der öffentlichen Hand finanzierten Institutionen geführt. Die Forderung nach mehr Transparenz dürfte in Zeiten der Dossiers von Post und Raiffeisenbank auf ein breites Verständnis stossen. Die beiden Motionen wurden in den wesentlichen Punkten angenommen, was zu den eingangs erwähnten Anpassungen und damit verbundenen Offenlegungspflichten geführt hat [iii]. Betroffen von dieser Änderung der Staatsbeitragsverordnung sind Institutionen und Organisationen im Alters- und Behindertenbereich mit mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Anzahl Personen), die zu mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten durch den Kanton subventioniert werden oder die Staatsbeiträge von mehr als einer Million Franken erhalten.

Die GEF bezieht sich in ihrem Schreiben auf Art. 663b bis Abs. 2 bis 4 OR, wobei die dort aufgelisteten Angaben grundsätzlich Gesellschaften betreffen, deren Aktien an der Börse kotiert sind [iv]. Dass lediglich die Absätze 2 bis 4 erwähnt sind, lässt einige Fragen aufkommen, beispielsweise ob nur aktuelle Mitglieder eines Stiftungs- und Verwaltungsrats betroffen sind oder bei einigen Punkten auch frühere Mitglieder aufgeführt werden müssen. Absatz 3 verlangt, dass nur Darlehen und Kredite zu nicht marktkonformen Bedingungen an ehemalige Mitglieder aufgeführt werden müssen. Falls auch frühere Mitglieder aufgeführt werden müssen, ist die Voraussetzung, dass die Vergütungen entweder in einem Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit als Organ der Gesellschaft stehen oder nicht marktüblich sind (Art. 14 Abs. 1 Ziff. 4 VegüV [v]). Zudem stellt sich die Frage, in welchem Geschäftsjahr Vergütungen von gegenwärtigen und früheren Mitgliedern auszuweisen sind. EXPERTsuisse, der Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand, ist in seiner Publikation «Ausgewählte Fragen und Antworten bei der Prüfung von Vergütungsberichten in Übereinstimmung mit der VegüV» der Meinung, dass die während der ganzen Kündigungsfrist zu leistenden Vergütungen einer Person, die unterjährig aus dem Verwaltungsrat oder der Geschäftsleitung austritt, grundsätzlich nicht gesamthaft im Berichtsjahr auszuweisen sind, in dem gekündigt wird, falls sich die Kündigungsfrist über zwei Berichtsperioden erstreckt [vi]. Angesichts der Vergütungsabstimmung gemäss Art. 18 VegüV und der damit zusammenhängenden Kontrollfunktion des Vergütungsberichts sowie der unzulässigen «Vergütungen im Voraus» gilt es, in einem solchen Fall die Vergütungen in den entsprechenden Berichtsperioden offenzulegen.

Nicht unwesentlich dürfte zudem sein, ob Honorare offenzulegen sind, welche ein Mitglied des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung aufgrund eines Beratungsmandats erhält oder ob Honorare an Dritte für die Auslagerung von Betriebsteilen im Rahmen von Geschäftsleitungsfunktionen offenlegungspflichtig sind (zBsp. Direktor ad interim, verrechnet über eine Beratungsgesellschaft). Hierbei dürfte relevant sein, ob das Beratungsmandat mit dem Mitglied selbst besteht oder mit einer Drittgesellschaft, mit welcher das Mitglied verbunden ist. Im letzteren Fall ist des Weiteren relevant, ob es sich bei der Drittgesellschaft um eine nahestehende Person handelt und das Honorar marktüblich ist.

Die vorangehenden Beispiele verdeutlichen, dass die Offenlegungspflichten nicht unisono beantwortet werden können und die betroffenen Institutionen angehalten sind, die Gesetzesanpassungen im obersten Führungsorgan anzugehen und ihre Vergütungen und damit zusammenhängenden Vorgänge (zBsp. zusätzliche Beiträge an Sozialversicherungen der Geschäftsleitung u.a.) analysieren. Ist die Institutionen einer gesetzlichen Revision unterstellt, wird sich auch die Prüfstelle in Zukunft mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen müssen, da der Vergütungsbericht vom Verwaltungs- bzw. Stiftungsrat zu erstellen und von der Revisionsstelle zu prüfen ist.

Unsere Anfrage bei der GEF hat ergeben, dass genauere Ausführungen zum Vergütungsbericht zur Zeit erarbeitet und zu Beginn des neuen Jahres veröffentlicht werden sollen. Bis dahin möchten wir einige nach unserem Erachten wichtige Punkte festhalten:

  • Institutionen und Organisationen im Alters- und Behindertenbereich mit mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Anzahl Personen), die zu mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten durch den Kanton subventioniert werden oder die Staatsbeiträge von mehr als einer Million Franken erhalten, geben in einem Vergütungsbericht alle Vergütungen gemäss Artikel 663b bis Absatz 2 bis 4 des Obligationenrechts an, die sie an folgende Personen ausgerichtet haben:

    a – Mitglieder des strategischen Führungsorgans
    b – Mitglieder der Geschäftsleitung

  • Bei Doppelmandaten ist die andere Institution namentlich aufzuführen (zBsp. falls der Präsident noch in einer anderen Stiftung gewähltes Mitglied ist). Die Offenlegung der Vergütungen der anderen Institution ist durch diese vorzunehmen.
  • Auslagenersatzzahlungen für effektiv entstandene Spesen sind keine ausweispflichtigen Vergütungen, da sie keinen Lohnbestandteil darstellen. Sind Pauschalspesen von Steuerbehörden akzeptiert, so stellt dies die Vermutung dar, dass keine Vergütung, sondern ein Spesenersatz vorliegt.
  • Gemäss unserer Einschätzung werden diese Angaben in einem separaten Vergütungsbericht der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zum Jahresabschluss ergänzend eingereicht.

Das Thema bleibt auf jeden Fall spannend und wird bis zur Einreichung der entsprechenden Jahresrechnung und der damit verbundenen Angaben sowie der Präzisierung durch den Regulator noch für einige Diskussionen sorgen. Wir werden das Thema im Rahmen der Heimkompetenz weiterverfolgen und allenfalls eine entsprechende Checkliste erarbeiten.

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Quellen:
[i] Information zur Änderungen der Staatsbeitragsverordnung (StBV) d.pdf
[ii] https://www.belex.sites.be.ch/frontend/versions/1206
[iii] https://www.rr.be.ch/etc/designs/gr/media.cdwsbinary.RRDOKUMENTE.acq/aa162f6dbf4f41cc905059e3d6aae03b-332/2/PDF/2018.RRGR.621-Vortrag-D-174951.pdf
[iv] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19110009/index.html#a663bis
[v] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20132519/index.html#a14
[vi] EXPERTsuisse. 18.08.2015. Ausgewählte Fragen und Antworten bei der Prüfung von Vergütungsberichten in Übereinstimmung mit der VegüV. Zürich.

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Roger Schönenberger
Roger Schönenberger
Partner, dipl. Treuhandexperte, zugelassener Revisionsexperte
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